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Stellungnahme zu den antisemitischen Anschlägen auf jüdisches Leben in Nordrhein-Westfalen



Essen, Bochum, Dortmund – Am 17./18. November wurden in mehreren Städten im

Ruhrgebiet Anschläge gegen jüdisches Leben begangen oder konnten verhindert

werden. Die Ereignisse offenbaren leider erneut, dass die jüdische Gemeinschaft

in Nordrhein-Westfalen einer andauernden Gefahrensituation ausgesetzt ist.

Zuletzt stellte dies auch der vereitelte Anschlag auf die Synagoge in Hagen im

vergangenen Jahr unter Beweis.


Unabhängig von den derzeitigen Ermittlungsergebnissen fordern ADIRA, SABRA

und RIAS NRW eine lückenlose und transparente Aufklärung von Seiten der

zuständigen Strafverfolgungsbehörden sowie von Seiten der Landesregierung.

Neben den direkt involvierten Personen müssen auch etwaige Drahtzieher zur

Verantwortung gezogen werden. Die Generalbundesanwaltschaft geht

mittlerweile von einer Involvierung des Iran in die Anschlagsserie aus und spricht

von Staatsterrorismus.


„Es ist ein massives Problem, dass jüdisches Leben in NRW sowohl durch Terror-

Anschläge wie auch durch einen niedrigschwelligen, sogenannten 'Alltagsantisemitismus' bedroht wird, und gleichzeitig in großen Teilen der

Mehrheitsgesellschaft die Meinung vorherrscht, Antisemitismus sei kein

relevantes Problem der Gegenwart", sagt Sebastian Mohr, Teamleiter von SABRA.


Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus

(RIAS) registrierte im vergangenen Jahr im Durchschnitt über sieben

antisemitische Vorfälle pro Tag. Antisemitismus in all seinen modernen

Erscheinungsformen bleibt auch in NRW eine alltagsprägende Erfahrung für

Jüdinnen und Juden. Dazu zählen der rechtsextreme Antisemitismus genauso wie

der aus der Mitte der Gesellschaft oder der oft vernachlässigte islamistische

Antisemitismus.


Sicherheit und Sicherung jüdischen Lebens nach der Schoa sollten oberste

Priorität der deutschen Mehrheitsgesellschaft sein. Dazu gehört es, die

Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen und Gemeinden kontinuierlich

dem jeweiligen Lagebild anzupassen und wo nötig sowohl zu verstärken als auch

ausreichend zu finanzieren. Der Behördenweg gehört mit allen dazu notwendigen

Unterstützungsschritten für die Gemeinden vereinheitlicht und verkürzt. „Es kann

nicht sein, dass es im Einzelfall für eine Jüdische Gemeinde bis zu zwei Jahre dauern kann, die behördliche Genehmigung für eine bauliche Maßnahme zu

ihrem Schutz zu bekommen", kommentiert Jörg Rensmann, Projektleiter von RIAS

NRW, diesen Missstand.


Weiterhin zählt dazu die konsequente Ermittlung bei antisemitischen Straf- und

Gewalttaten. Wir erinnern an die versprochene Reform der Politisch motivierten

Kriminalitätsstatistiken (PMK-Statistiken), um die polizeiliche Erfassung von

antisemitischen Straftaten den Phänomenbereichen adäquat zuordnen zu können.

Die Erfahrungen Betroffener spiegeln die offiziellen PMK Statistiken nur

unzureichend wider.


Präventiv müssen Bildungsangebote zur Sensibilisierung gegen Antisemitismus

flächendeckend vor allem an Schulen verstärkt werden; dies unter besonderer

Berücksichtigung des israelbezogenen Antisemitismus. Die Reflexion des und

Auseinandersetzung mit Antisemitismus muss verpflichtender Bestandteil der

Lehramtsausbildung sein. Auch Polizei und Justiz müssen die modernen

Erscheinungsformen des Antisemitismus kennen. Die Antisemitismus-

Beauftragten der Staatsanwaltschaften in NRW müssen in diesem Sinne ebenfalls kontinuierlich geschult werden.


Daher fordern ADIRA, SABRA und RIAS NRW eine deutliche Verbesserung der

Bekämpfung von Antisemitismus und eine realistische Wahrnehmung des

Problems: "Es braucht jetzt mehr als politisches Wunschdenken, nach dem

Antisemitismus 'keinen Platz in unserer Gesellschaft' habe. Vielmehr müssen der

Rechtsstaat und die demokratische Zivilgesellschaft nun zeigen, dass sie den

Kampf gegen Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen ernst nehmen",

sagt Micha Neumann, Teamleiter von ADIRA.

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Hintergrund:

ADIRA in der Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Dortmund und SABRA in

Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf sind landesgeförderte

Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit und beraten in Nordrhein-Westfalen

in Fällen von Antisemitismus. Die Recherche- und Informationsstelle

Antisemitismus (RIAS NRW) ist eine zivilgesellschaftliche Meldestelle für

antisemitische Vorfälle in Nordrhein-Westfallen. Alle drei Stellen kooperieren eng

in der Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus.


www.sabra-jgd.de | www.rias-nrw.de | www.adira-nrw.de

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